Predigt zur Wiedereröffnung der Badenharder Kirche

Textgrundlage sind die Verse, die an den Wänden der Kirche stehen. Sie werden im Laufe der Predigt zitiert.

Liebe Gemeinde,
Ehre sei Gott in der Höhe!
Dieser Satz aus dem Lukasevangelium ist, wie wir sehen können, seit dem 16. Oktober 1910, also seit über 100 Jahren, so etwas wie die ganz unmittelbare Überschrift über all das, was hier in dieser Kirche geschieht, geschehen soll, und wofür – und unter welchem Segen – diese Kirche steht.

Übrigens nicht nur diese Kirche, sondern auch die, die es vorher schon gab, also die im Jahre 1741 gebaute Kirche, deren Orgelprospekt wir auch heute Morgen wieder hier sehen, so frisch restauriert und erneuert, und: wofür auch die evangelische Kirche in Badenhard schon stand, die, urkundlich erwähnt, schon im Jahre 1629 von hessischen Soldaten überfallen und ihrer Kirchenglocken beraubt wurde, die dann in Frankfurt verscherbelt wurden.

Ehre sei Gott in der Höhe, das ist so etwas wie das Lebensmotto unserer Kirche, seit es vor über 2000 Jahren von ein paar Schafhirten zum ersten Mal gehört wurde gehört wurde, die damals, nicht weit von Bethlehem entfernt, auf den Feldern des Nachts ihre Herde hüteten, als ein paar Kilometer weiter ein Junge namens Jesus zur Welt gekommen war.

Ehre seit Gott in der Höhe! Liebe Gemeinde, was in unseren Augen ein kurzer Satz in der wiederentdeckten ursprünglichen, anno 1910 aufgetragenen gotischen Frakturschrift ist, das ist in der Bibel eigentlich nur ein Halbsatz, dem noch ein zweiter folgt.

In der berühmten Weihnachtsgeschichte nach Lukas erfahren wir, dass in der Nacht, in der Jesus geboren wurde, die Hirten auf dem Felde zunächst Besuch bekamen von einem Engel, der zu ihnen sagte: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids“.

Und kurz danach war da bei dem Engel „die Menge der Himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe – und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens, oder, um es einmal direkt aus der griechischen Ursprache des Neuen Testaments zu übersetzen: Friede auf Erden in(!) den Menschen des Wohlgefallens.

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen oder in den Menschen, denen Gott zugewandt ist.

Damit fing alles an. Alles, was Kirche ausmacht, steht seither unter diesem Vorzeichen, bzw. dieser Überschrift.

Alle Freude, die zuerst von den Herzen der Hirten Besitz ergriffen hatte, und von der seither auch alles lebt, was Kirche ausmacht, aber auch alle Fragwürdigkeiten und Probleme kamen und kommen damit immer wieder auf den Tisch, die unsere Welt ausmachen, und von der auch unsere Kirche nicht frei war und ist.

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden. Dieser Satz ist Ausdruck unseres Glaubens, für den wir stehen, aber auch eine Mahnung für uns alle, und eine Aufforderung, den Frieden zu suchen. Immer und immer wieder.

Dass es um den Frieden nicht immer gut bestellt ist, das wissen wir aus der großen Politik, aber wir wissen es auch aus unseren ganz persönlichen, kleinen, dörflichen oder familiären Zusammenhängen.

Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden. Diese Zusage und dieser Anspruch ist die Überschrift und die Maßgabe für alles, was Kirche ausmacht.

Kirche – dieser Begriff kommt aus dem griechischen. Kyrios, das heißt auf deutsch „Herr“. Die ersten Christennannten den gekreutzigten und von Tod auferstandenen Jesus ihren “Kyrios”, ihren “Herrn”. Kyriakoi, das sind demnach bisher all die Menschen, die zu diesem Herrn gehören, also dem “Herrn” Jesus, in dem Gott Mensch geworden ist.

Bezogen auf das zitierte Bibelwort können wir sagen, dass Kirche nichts anderes ist als der gelebte Versuch, dieses Ehre sei Gott in der Höhe mit dem real gelebten Leben und der Friedenssuche hier in der realen Welt in Verbindung zu bringen und zu halten.

Das war Teil eins der Predigt.

Wir singen gemeinsam das Lied der Gemeinde: (EG 671): Unfriede herrscht auf der Erde, Kriege und Streit bei den Völkern und Unterdrückung und Fesseln zwingen so viele zum Schweigen. Kehrvers Friede soll mit euch sein, Friede für alle Zeit! Nicht so, wie ihn die Welt euch gibt, Gott selber wird es sein.

In jedem Menschen selbst herrschen Unrast und Unruh ohn Ende, selbst wenn wir ständig versuchen, Frieden für alle zu schaffen.

Laß uns in deiner Hand finden, was du für alle verheißen. Herr, fülle unser Verlangen, gib du uns selber den Frieden.

Liebe Gemeinde, im zweiten Teil meiner Predigt möchte ich die Frage stellen:
Wie kann man denn in einer zerrissenen und und friedlosen Welt glaubwürdig Gemeinde leben?

Diese Frage hat in den vergangenen gut einhundertundsechs Jahren immer wieder die Menschen bewegt und geprägt, die in und mit dieser Kirche gelebt haben.

Deshalb möchte Sie und euch einladen, mit mir zusammen eine kleine Zeitreise zu unternehmen, eine Zeitreise, die uns vielleicht auch ein wenig verdeutlichen kann, was die Bibelverse, die hier seit über 100 Jahren auf den Wänden stehen, mit den Menschen gemacht haben, die sie in dieser Zeit immer wieder lesen konnten. Übrigens auch ganz oben auf der mir gegenüberliegenden Wand, die nur der Prediger oder die Predigerin sehen kann – da steht zum Beispiel auch der Satz Jakobus 1,22: Seid Täter des Wortes und nicht Hörer allein (sonst betrügt ihr euch selbst)“ und (1. Timotheus 6,12): „Kämpfe den guten Kampf des Glaubens“

(Kontext: 1. Tim. 6,9-12: “Geldgier ist eine Wurzel alles Übels; danach hat einige gelüstet, und sie sind vom Glauben abgeirrt und machen sich selbst viel Schmerzen. Aber du, Gottesmensch, fliehe das! Jage aber nach der Gerechtigkeit, der Frömmigkeit, dem Glauben, der Liebe, der Geduld, der Sanftmut! Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; ergreife das ewige Leben, wozu du berufen bist und bekannt hast das gute Bekenntnis vor vielen Zeugen.”

Steigen Sie ein in die Zeitmaschine, schließen Sie die Augen, wenn Sie möchten, oder schauen Sie die Ornamente oder die originalgetreu restaurierten Bibelverse an, die in der Zeit auf diese Wände aufgetragen wurden, von der ich Ihnen jetzt erzählen möchte.

Es geht los: Wir fahren zurück durch das ganze ganze Jahrhundert. Die Fahrt verlangsamt sich, die Zeitmaschine hält. Wir steigen aus und sehen uns um:

22. April 1900:
Badenhard, am 22. April des Jahres 1900, ein Sonntag. Ein paar Häuser sind zu sehen, Bauernhöfe, eine Straße aus Lehm, eine Kirche in der Mitte des Dorfes und der Friedhof um die Kirche herum. Tiere hört man, Kühe, Schweine, Hühner, Gänse. Die Menschen, die hier leben, sind Bauern.

Man möchte nicht meinen, dass dieses Dorf schon ein paar hundert Jahre alt ist. Nur die Kirche zeugt von der Geschichte. Eine kleine Kirche, 19×6,80m, aber: Eine Kirche! Erbaut im Jahre 1741, also schon 260 Jahre alt; der Zahn der Zeit hat seine Spuren hinterlassen.

Ein paar Häuser weiter sitzt eine alte Frau an einem Tisch in ihrer Stube. Auch sie hat begriffen, dass ihre Stunde einmal schlagen wird. Margaretha Christine Hofmann, 68 Jahre alt, geschieden und kinderlos, ohne direkte Verwandtschaft. So etwas wiegt schwer im Hunsrück, im April 1900. Viel hat sie nicht mehr zu erwarten von ihrem Leben.

Aber sie hat eine Hoffnung im Herzen, und sie hat einen Glauben, also ein Vertrauen, das ihr zeit ihres Lebens Halt und Wegweisung gegeben hat: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal fürchte ich kein Unglück, denn Du bist bei mir, Du, mein Gott.“ (Psalm 23,4).

Sie sitzt vor einem Blatt Papier. Sie hat einen Stift in der Hand, und schreibt zwei Worte: „Mein Testament.“

Was soll sie denn machen mit ihrem Hof und mit den Feldern, die sie geerbt hat? Sie liest in ihrer Bibel: „Herr, Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg (Ps. 119,105)“. Und: „Der Glaube ist eine feste Zuversicht und ein Nicht-Zweifeln an dem, was man nicht sieht“ (Hebr. 11,1).

Ja, so ist es: Auf die Zukunft! Auf die Zukunft muss man bauen.

Margaretha Christine Hofmann vermacht den größten Teil ihres Vermögens ihrer evangelischen Gemeinde Pfalzfeld-Badenhard. Gott wird schon wissen, wozu es gut sein wird.

Am 18. November 1904 stirbt M.C. Hofmann.

Tatsächlich kann mit Hilfe ihres Erbes am 28. September 1909 (Dienstag) mit dem Bau einer neuen Kirche begonnen werden. Ein gutes Jahr später wird sie eingeweiht, das Leben kann neu beginnen.

22. Dezember 1937:
Wir setzen uns wieder in die Zeitmaschine. Unser nächster Halt: Mittwoch, der 22. Dezember 1937. In einem Büro in St. Goar sitzt ein Mitarbeiter des sog. „Sicherheitsdienstes” der nationalsozialistischen SS. Der Mann schreibt einen Bericht, genauer gesagt: Einen Bericht und eine Empfehlung an die für ihn offenbar zuständige „Sicherheitsdienst-SS-Außenstelle” in Cochem. Zitat:

„Von dem Blockleiter Lehrer H. in Badenhard wird mir mitgeteilt, dass der Presbyter (Heinrich) Stiehl, Landwirt, wohnhaft in Badenhard Nr. 18, mit einer Liste von Haus zu Haus geht zwecks Sammlung von Unterschriften für den Nachfolger des seitherigen evangelischen (Bekenntnis) Pfarrer Röhrig, den Pfarrer Hinnenthal (Personalien werden noch nachgereicht).
Bel der Sammlung dieser Unterschriften soll es sich, soweit Feststellungen getroffen werden konnten, darum handeln, daß die Pfalzfelder evangelischen Einwohner, die nicht Anhänger der Bekenntnisfront sind, keinen Bekenntnispfarrer dort haben wollen, dort sollen dementsprechend gegen den Pfarrer H. Unterschriften gesammelt werden.

Für die vollkommen im Sinne der Bekenntnisfront verseuchte Gemeinde Badenhard wäre es daher wesentlich, wenn auf irgendeine Art und Weise im Sinne der Pfalzfelder evgl. Gemeinde nachgeholfen werden könnte.

Weiterhin wurde mir von dem gleichen Parteigenossen mitgeteilt, daß er Zeuge war, wie die Tochter eines Presbyters in Badenhard bei den kirchentreuen Evangelischen gegen Aushändigung von Marken monatliche Mitgliedsbeiträge von 20-25 Pfg. einzog. Die Marken wurden auf grüne Mitgliedskarten geklebt. Näheres konnte bisher Jedoch nicht in Erfahrung gebracht werden.“

Was war geschehen?

Am 30. Januar 1933 hatten die Nationalsozialisten in Berlin die Mach an sich gerissen. Und die Evangelische Kirche war eine der ersten Organisationen, um die sich die Nazis auf allen Ebenen, (in Anführungszeichen:) „gekümmert“ haben.

Schon im Juli 1933 wurde ein, wohlgemerkt: staatliches(!) Gesetz verabschiedet, in dem zwingend(!) verordnet wurde, dass innerhalb von neuen(!) Tagen auf allen(!) Ebenen in der Evangelischen Kirche im gesamten Deutschen Reich Vorstandswahlen durchzuführen seien, also auch in den Presbyterien der Evangelischen Kirche im Rheinland.

Am Vorabend dieser Wahl, die in ganz Deutschland durchgeführt werden sollte, hielt „Adolf Nazi“ (Helmut Schmidt) eine flammende Rede im Radio; mit dem Erfolg, dass einen Tag später fast überall in Deutschland zwei Drittel aller Presbyterien und Kirchengemeindevorstände mit nationalsozialistisch orientierten Personen besetzt waren.

Einige Bischöfe weigerten sich, diese Wahl in ihrem Bereich durchzuführen. Diese Männer wurden Anfang 1934 in die Reichskanzlei zitiert und von der Naziführung „ins Gebet“ genommen. Das Treffen endete mit einer Ergebenheitsadresse der Bischöfe an den „Führer“.

Der sog. Arierparagraph war auch der Ev. Kirche offiziell eingeführt. Ein staatliches Gesetz wurde 1934 verabschiedet, mithilfe dessen Hilfe sich die Nazis die offizielle Hoheit über die Finanzen der Ev. Kirche unter den Nagel gerissen hatten.

Geldsammlungen für rein kirchliche Zwecke, die der Kontrolle des Staates entzogen wurden, waren strengstens verboten.

Es ist gut möglich, dass Heinrich Stiehl das alles weiß oder zumindest ahnt, als er 1937 durchs Dorf geht und um Unterschriften bittet, ebenso die Eltern des Mädchens, das Geld einsammelt und dabei vom Dorflehrer, einem Naziinformanten, beobachtet wird.

Heinrich Stiehl und seine Mitstreiter wissen vermutlich auch, dass der Dickenschieder Pfarrer Paul Schneider schon drei Jahre zuvor, also 1934, zum ersten Mal verhaftet worden ist, weil er sich bei der Beerdigung des Hitlerjungen Karl Moog in Gemünden einen öffentlichen Eklat mit dem Kreisleiter der NSDAP geliefert hat. Heinrich Stiehl weiß es vermutlich, weil sich solche Dinge im Hunsrück schnell herumsprechen.

Nein, der Presbyter Stiehl hat keine guten Karten, als er durchs Dorf wandert und Stimmung macht für die Bekennende Kirche.

Der Dorflehrer steht am Fenster hinter seiner Gardine und schimpft vor sich hin, als er den Bauern bei seinem Rundgang durchs Dorf beobachtet: „Dieser Bauer Stiehl ist ein sturer Dickkopf!“

Andere sagen: „Der Mann ist geradlinig. Der sagt, was er denkt, und der tut, was er sagt.“

So ist das nun mal im Leben: „Geradlinigkeit“ und Dickköpfigkeit liegen zuweilen nah beieinander. Besonders im Hunsrück. Mit welcher Charakterisierung ein Mensch leben muss, das hängt oft mit der Sichtweise zusammen, mit der andere ihn sehen.

Entscheidend ist am Ende das Motiv, das einen Menschen antreibt.

Vielleicht hat der Bauer nur die Bibelworte in sein Herz aufgenommen, die er in der Kirche an der Wand gelesen hat: Kämpfe den guten Kampf des Glaubens“ oder „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht: Christus oder „Ein feste Burg ist unser Gott“ (Inschrift des Kirchenfensters an der Eingangsfront der Kirche, die nur vom Chorraum aus sichtbar ist).

Vielleicht hat er auch diesen Satz im Kopf: „Das Wort Gottes ist schärfer als jedes zweischneidige Schwert (Hebr. 4,12)

(Kontext: Es ist (also) noch eine Ruhe vorhanden für das Volk Gottes.
10 Denn wer zu Gottes Ruhe gekommen ist, [a] der ruht auch von seinen Werken so wie Gott von den seinen.
11 So laßt uns nun bemüht sein, [a] zu (diese)r Ruhe zu kommen, damit nicht jemand zu Fall komme durch den gleichen Ungehorsam.
12 Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und [a] schärfer als jedes zweischneidige Schwert, und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens. [b]
13 Und kein Geschöpf ist vor ihm verborgen, sondern es ist alles bloß und aufgedeckt vor den Augen Gottes, dem wir Rechenschaft geben müssen).

(An anderer Stelle im Gottesdienst: Verbaler Exkurs zum Thema “Ruhe”, die bei Gott ist, und die unsere Kirche ausstrahlen kann – für die, die sie auf – suchen).

Und vielleicht hat er auch das Wissen darum im Herzen, dass Margaretha Christine Hofmann der Gemeinde nicht nur ein finanzielles Erbe hinterlassen hat, sondern auch ein geistliches: „Gott wird schon wissen, wozu das Erbe gut ist“.

Über die Badenharder und die Utzenhainer schimpft in jenen Tagen übrigens nicht nur der Dorflehrer, sondern auch der Pfalzfelder Pfarrer Gerhard Gießler, den die nationalsozialistisch erpresste Kirchenverwaltung dieser Gemeinde gegen den erklärten Willen zunächst des gesamten Presbyteriums auf’s Auge gedrückt hatte, später nur noch gegen den Willen der Badenharder, Utzenhainer und Niederter Presbyter.

1938 kommt es in Badenhard zum Kirchenstreik. Wenn der Pfalzfelder Pfarrer Gießler predigt, wird die Kirche nicht geheizt und es kommt kaum jemand zum Gottesdienst. Wenn hingegen ein Pfarrer predigt, der dem Freundeskreis des Widerstandspfarrers Paul Schneider nahe steht, dann ist die Kirche voll.

Die Bemerkungen, die der vom „Großdeutschen Reich“ begeisterte Pfarrer Gießler über die Badenharder und Utzenhainer Gemeindeglieder in ein Kirchenbuch hineinschrieb, sind am Ende so unflätig, dass sie nach dem Krieg im Rahmen einer Visitation offiziell gestrichen werden, und Pfarrer Gießler wird strafversetzt.

1. Juni 1947:
Zeitreise, dritte Station: Am 1. Juni 1947 wird der Pfarrer Otto Kistner als der 28. Pfarrer der Evangelischen Gemeinde Pfalzfeld-Badenhard seit der Reformation in sein Amt eingeführt.

Menschen wie Heinrich Stiehl und andere können wieder aufatmen. Nicht das Wort von Menschen bleibt in Ewigkeit, sondern nur Gottes Wort.

Mit Otto Kistner beginnt eine Zeit der Befriedung dieser Gemeinde. Otto Kistner war ein Schüler Dietrich Bonhoeffers am illegalen Predigerseminar der Bekennenden Kirche in Finkenwalde an der Ostsee gewesen. Er hat auch im „Dritten Reich“ versucht, Gottes Wort in Ehren zu halten.

Seine Frau Marianne war ebenfalls im Widerstand gegen die Nazis aktiv. Sie hat schon in jungen Jahren als Studentin im Pfarrhaus Martin Niemöllers in Berlin-Dahlem heimlich illegale Flugblätter gegen die Nazis gedruckt und unter Lebensgefahr nachts in Berlin verteilt.

Zeitreise, vierte und letzte Station: Wo stehen wir heute?

Heute stehen wir auf eine sehr sinnfällige Weise an dem Punkt, dass wir einerseits gut beraten sind, wenn wir uns erinnern. Eine Erinnerungskultur zu bewahren, eine Erinnerung an das, was war, und was die Menschen geprägt und gestärkt hat, die vor uns gelebt und geglaubt haben, das ist das eine.

Das andere ist, dass wir berufen und beauftragt sind, in die Zukunft zu schauen, die Herausforderungen des Glaubens in einer Welt zu bewahren, in der der Glaube für viele Zeitgenossen keineswegs mehr selbstverständlich oder gar wegweisend ist, sondern zuweilen nur noch als etwas betrachtet wird, was Zusammenleben verhindert.

Thomas de Maizière, unser Bundesinnenminister, der nicht immer, aber manchmal kluge Dinge sagt, hat es in der letzten Woche einmal so auf den Punkt gebracht: Religion, so sagt er, ist ihrem Wesen nach nicht, wie viele vermuten, nicht Keil, der in die Gesellschaft getrieben wird, sondern Kit, der zusammenführen will.

Das walte Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

07.05.2017
Pfarrer Johannes Dübbelde