Hannah – Eine wichtige aber kaum bekannte biblische Persönlichkeit

Viele von uns haben einen Menschen namens „Hannah“ in unterschiedlichen Schreibweisen im Verwandtschafts- und Bekanntenkreis. In der Bibel tauchen gleich mehrere Hannahs auf. Doch bei der Hannah, von der in Lukas 2, 25-38 die Rede ist, handelt es sich um eine wichtige Prophetin.

Die Prädikantin Marina Knieling hat hier einmal näher hingeschaut:

Predigt 1. Sonntag nach dem Christfest
Sonntag, den 27. Dezember 2020
Lk 2, 25-38

Kanzelgruß:
„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus“ (1. Kor. 1,3)

Liebe Gemeinde,

in der Hitliste der 50 beliebtesten weiblichen Vornamen steht der Name Hanna ziemlich weit oben. Dieser populäre Mädchenname wird weltweit verwendet, wenn auch die Schreibweise unterschiedlich ist. Wir selbst haben in der Familie eine Hana und in meinem Freundeskreis gibt es Töchter und Enkeltöchter mit diesem Namen. Das es unter den Hannas wichtige biblische Persönlichkeiten gibt, ist belegt.

Eine davon ist die leider weniger beachtete und auch nur wenig Bekannte Hanna im schon gehörten Lesungstext, der zugleich Predigttext für den heutigen Sonntag ist. Das Hanna regelmäßig bei Auslegungen dieses Bibeltextes in den Hintergrund gerät, finde ich schade.

Mal ehrlich. Haben sie Hanna hinter der wuchtigen Gestalt des Simeon überhaupt wahrgenommen oder ging es ihnen wie den Vielen, und ich will mich da nicht ausnehmen, die Hanna zumeist überlesen und ihr wenig Aufmerksamkeit schenken?

Dabei wird Hanna im Gegensatz zu Simeon ausdrücklich als Prophetin bezeichnet. Und belegt nicht dieser biblische Text die Bedeutung von Frauen in der Prophetie?

Nun was wissen wir von Hannah? Was gibt der Text über sie preis?

Hanna heißt übersetzt „die Begnadete“. Oder auch: „Gott hat Erbarmen gezeigt“. Aufgrund der Hinweise auf ihre Herkunft, eine Tochter Phanuels, aus dem Stamm der Asser, soll ihr Glaubwürdigkeit verliehen werden.
Eine Tochter Phanuels. Dessen Name bedeutet soviel wie „Angesicht Gottes“ oder „Anschauer Gottes“. Der Stamm Asser, ist einer der zwölf Stämme Israels.

Im Unterschied zu Simeon, von dem belegt ist, was er bei der Vorstellung von Jesus im Tempel sagt, ist von Hanna nur belegt, dass sie etwas gesagt hat.

Allerdings erfahren wir von ihr als Person wesentlich mehr, als von der Person des Simeon.

Hanna wird als eine Frau beschrieben, der, jung verheiratet, kein langes Eheglück vergönnt war, da ihr Ehemann bereits nach sieben Ehejahren verstarb. Ab da lebte sie im Tempel, wo sie 84jährig die Vorstellung von dem Kind Jesus erlebte.

Hanna, die Witwe, gehörte als solche zu den Schwächsten in der Gesellschaft. Schutzlos und benachteilig. Es gab keine Rente oder Sozialhilfe. Aufgrund materieller Not war sie wohl auf fremde Hilfe angewiesen. Zu der seelischen Not der Witwenschaft kam die wirtschaftliche Existenznot noch hinzu.

Aber was macht Hanna aus ihrem Leben. Sie zieht sich nicht in ihr vermeindliches Unglück zurück, man hört sie nicht jammern und klagen, sondern sie widmet ihr Leben Gott. Es steht geschrieben, dass sie nicht vom Tempel wich und dass sie Gott diente mit Fasten und Beten Tag und Nacht. Sie wartete wie Simeon und all die anderen auf die Erlösung Jerusalems und damit auch auf die eigene Erlösung durch den sehnsüchtig erwarteten Messias.

Der Tempel als Ort der Erwartung.
Die Kirche als Ort der Erwartung?

Hanna hat sich und ihren Glauben an Gott nicht aufgegeben.
Bei Simeon lässt die Bibel seine Worte zu uns sprechen, bei Hanna ist es mehr ihr Leben, ihr Lebens- und Glaubenszeugnis. Sie hätte als Witwe allen Grund gehabt sich zu beklagen und sich zu beschweren. Aber sie widmet ihr weiteres Leben Gott.

Beim Propheten Jesaja heißt es: …aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden. (Jes 40, 31)

Hanna wartet und erwartet die Befreiung durch den Erlöser Israels, den Messias.

Bei der Präsentation im Tempel erkennt Hanna wie Simeon in dem Kind Jesus den verheißenen und sehnsüchtig erwarteten Messias und verbreitet die Frohe Botschaft.

Hanna gilt als einzige Prophetin des Neuen Testaments. Eine Frau, die ihrer gesellschaftlichen Isolation als hoch betagte Frau und höchstwahrscheinlich kinderlose Witwe den widrigen Umständen ihrer Zeit die Stirn bietet, indem sie sich ganz in Gottes Dienst stellt. Ein Mensch, der nach menschlichem Ermessen keine Lebensperspektive mehr hat, hat bei Gott immer eine Perspektive. Ein mutmachendes Signal für alle, die sich selbst wertlos fühlen, oder für wertlos gehalten werden. Gott gebraucht Menschen, die wertlos erscheinen.

Wie wirkt diese Geschichte von Hanna in unsere Zeit hinein, in der man darüber nachdenkt, dass ältere Menschen für die Gesellschaft keinen Gewinn mehr bringen. Ihre Lebensleistung zählt nicht mehr. Ihre Erfahrungen und gewonnene Weisheit spielt keine große Rolle. Alte Menschen kosten in den Augen so mancher, doch nur Geld. Oder denken wir an Menschen mit Beeinträchtigungen, die aus dem gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt werden, weil sie zu viel Mühe machen.

Wie gut, dass wir in einem Land leben, in dem man vermeiden will, dass zwischen Menschenleben entschieden werden muss. Dass man zu vermeiden sucht, die sogenannte Triage anzuwenden. Triage heißt nichts anderes, als das man ggf. gezwungen sein wird, zu entscheiden welches Leben es zu erhalten gilt, wenn eine adäquate Versorgung aller Erkrankten aufgrund der Überlastung des Gesundheitssystems nicht gewährleistet werden kann.

Hanna als biblisches Bild verkörpert und verkündet die Botschaft von einem Gott Israels, der auf der Seite der Schwachen und Unterdrückten steht. Gott siebt nicht aus.

Diese beiden Menschen, Hanna und Simeon haben schon etwas hinter sich. Hannas persönliches Schicksal kennen wir. Von Simeon wissen wir so gut wie nichts. Aber beide leben in einem Land unter fremder Besatzung. Sie wünschen sich die Befreiung von römischer Herrschaft. Messianische Befreiung heißt für sie auch eine Befreiung aus den alltäglichen Fesseln durch die römische Besatzungsmacht.

Der heutige Predigttext erzählt uns von Menschen, die umgangssprachlich gesprochen, nicht mehr ganz neu sind. Obwohl über das genaue Alter von Simeon gar nichts ausgesagt wird.
Wie ernst nehmen wir Menschen, die uns durch Lebens- und Glaubenserfahrung etwas Voraus haben? Hören wir ihnen zu? Nehmen wir sie ernst?

Hanna pries Gott und redete von ihm zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten. Hanna hat wie Simeon in dem kleinen Kind Jesus die Erlösung erkannt und diese Erkenntnis weitergegeben.

Hanna, die als Prophetin bezeichnet wird. Propheten sind durch Gott legitimiert. Aber es geht bei der Prophetie nicht nur um das Vorhersehen zukünftiger Ereignisse, wie der Blick in eine Glaskugel, sondern vielfach auch um Kritik an der Vergangenheit und Gegenwart der Adressaten. Prophetie hat die Aufgabe, die Zeichen der Zeit im Lichte Gottes zu deuten und damit bei wichtigen Ereignissen dem Volk Klarheit zu verschaffen. Wer gibt uns Klarheit?

In der heutigen biblischen Geschichte gehört eine rechtlose Witwe zu denen, die gleich zu Anfang erkennen, was es mit dem Kind Jesus auf sich hat und damit Klarheit verschaffen.

Was können wir von Hanna lernen?

Ich denke:
Vertrauen, dass Gott unsere Gebete erhört. Lernen, von Gott etwas zu erwarten. In Geduld üben.

Wie lange bin ich bereit zu warten, dass mein Gebet, dass sich meine Hoffnung erfüllt? Tage, Wochen, Jahre, ein Leben lang?

Wir warten aktuell auf einen Sieg gegen die Pandemie. Darauf, dass wir unsere Lieben wiedersehen und in die Arme schließen können. Darauf, dass wir wieder unbeschwert reisen und uns in Gaststätten aufhalten und feiern können. Wir warten darauf, Gottesdienste wie früher zu feiern.

Aber haben wir uns auch schon einmal gefragt worauf Gott wartet?

Wartet er vielleicht darauf, dass wir wieder erkennen, dass Weihnachten nicht allein dem Konsum geschuldet sein soll. Dass wir erkennen, wie wichtig unsere zwischenmenschlichen Kontakte sind. Dass wir erkennen, dass unsere Selbstverständlichkeiten eigentlich doch nicht selbstverständlich sind?

Das Kind Jesus im Tempel als Messias gepriesen, erfüllte, wie wir später erfahren werden, nicht die Erwartungen aller. Für viele war es selbstverständlich, dass dieser langersehnte Messias mit der römischen Besatzungsmacht aufräumen und Israel davon befreien würde. Ihre Erwartungen passten nicht zudem, was mit Jesus zu ihnen kam. Aber nicht alle waren bereit, ihre Erwartungen an die Realität anzupassen, sondern blieben bei ihren Erwartungen und wurden bitter enttäuscht.

Seien wir wie Hanna und nicht konzentriert auf eine bestimmte Vorstellung für unser Leben, sondern offen für das, was Gott uns zu bieten hat.

An Weihnachten ist ein kleines Kind in unsere Welt gekommen, um zu zeigen, dass Gott für Überraschungen gut ist.

Seien wir betend gespannt, was in unserem Leben noch alles möglich ist.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 


Abkündigungen

Donnerstag, 31.12.2020 Altjahrsabend

Badenhard: 16.00 Uhr Meditativer Gottesdienst
Emmelshausen: 17.30 Uhr Meditativer Gottesdienst

Freitag, 01.01.2021 Neujahr

Buchholz: 17.00 Uhr Gottesdienst

Sonntag, 03.01.2021 2. Sonntag nach Weihnachten

Emmelshausen: 10.45 Uhr Gottesdienst
Buchholz: 09.30 Uhr Gottesdienst
Pfalzfeld: 10.45 Uhr Gottesdienst
Badenhard: 09.30 Uhr Gottesdienst

Wir bitten unbedingt um Anmeldung – zu den Gottesdiensten –
bis spätestens Dienstag, 29.12.2020 um 12.00 Uhr
unter E-Mail: emmelshausen@ekir.de
mit nachfolgenden Angaben: Name, Adresse und Telefonnummer.

Wir feiern weiter Gottesdienst unter den jeweils gültigen AHA-Regeln.
Zum Gottesdienst bitten wir einen Mund-Nasen-Schutz mitzubringen und auf die Hygiene- und Abstandsregeln zu achten.

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